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Vortrag "Munster und das Militär"

Mit einem Vortrag zur Beziehung zwischen der Stadt Munster und ihren Soldaten wurde am 8. März 2024 die traditionsreiche Vortragsreihe des Fördervereins im Dörfergemeinschaftshaus „Alte Schule“ fortgesetzt. Vor einem „vollen Haus“ begrüßte Reimund Jochheim als 1. Vorsitzender des Fördervereins Adolf Köthe, der ja schon mehrfach zu den unterschiedlichsten Aspekten der Stadtgeschichte vorgetragen hatte.

 

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Auch diesmal enttäuschte A. Köthe die Zuhörerschaft nicht: sein mehr als zweistündiger Vortrag war prall gefüllt mit oftmals noch unbekannten Informationen über die Garnisonsstadt Munster.

Unterlegt mit vielen aussagekräftigen Fotos führte der Vortrag zunächst zurück ins vorletzte Jahrhundert. Schon 1890 wurde sie Idee geboren, für das X. preußische Armeekorps einen dauerhaften Übungsplatz zu errichten. Für Munster sprachen damals zwei Faktoren: die äußerst dünn besiedelte Landschaft und der bereits 1873 in Betrieb genommene Bahnhof an der Amerikalinie. Und so wurde auf einer 48 km2 großen Fläche der Übungsplatz hergerichtet (heute TrÜbPl MUNSTER-SÜD). An seinem Rand entstand in der Nähe des damaligen Dorfes Munster ein Barackenlager zur Unterbringung von bis zu 7.000 Mannschaften und Unteroffizieren, 250 Offizieren und 2.000 Pferden. Auch wenn diese Unterkünfte nur in den Übungsphasen belegt waren, führte die Einrichtung des Übungsplatzes zu einem wesentlichen Aufschwung auch für Munster selbst: Innerhalb von zehn Jahren verdoppelte sich die Einwohnerzahl des Heidedorfes! Noch bevor Munster im Jahre 1917 erstmals Garnison eines fest stationierten Telegrafenbataillons wurde, wuchs der Ort deutlich. So wurde bereits 1895 die äußerlich bis heute kaum veränderte Gaststätte „Waldkater“ eröffnet!

Folgerichtig geriet Munster nach Ende des I. Weltkrieges und der damit verordneten Demobilisierung in wirtschaftliche Not. Erst die erneute Aufrüstung ab dem Jahr 1934 führte wieder zu einem wirtschaftlichen Aufschwung – bereits 1939 hatte der Ort 4.800 Einwohner!

Die nunmehr dauerhaft genutzten Lager und Kasernen rund um den Ort wurden wie bereits während des I. Weltkrieges genutzt für die Aufstellung und Ausbildung von Truppen, später aber auch für die Unterbringung von Flüchtlingen und Kriegsgefangenen. Die im Jahr 1935 durchgeführte Lehr- und Versuchsübung (LV 35) gilt bis heute als die Geburtsstunde der modernen, beweglich geführten und großräumigen Gefechtsführung.

 

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Im Bereich des heutigen TrÜbPl MUNSTER-NORD entstand ab 1916 der Gasplatz Breloh mit bis zu 6.100 Beschäftigten zur Herstellung von chemischen Kampfstoffen. Die produzierten Granaten wurden bis zum Ende des I. Weltkrieges mit bis zu 90 Güterzügen pro Monat von Munster aus an die (West-)Front transportiert. Ein Jahr nach Kriegsende kam es zu einer folgenschweren Explosion im LOST-Werk: über 1.000 to Kampfgas und ca. 40 Kesselwaggons mit Kampfstoffen explodierten! Auch nach Ende der bis 1925 dauernden Aufräumarbeiten unter abenteuerlichsten Bedingungen für die eingesetzten Kräfte sind weite Teile des TrÜbPl MUNSTER-NORD bis heute mit chemischen Kampfstoffen und deren Abbauprodukten belastet.

Von der 1934 auf dem erweiterten Gelände des ehemaligen Gasplatzes aufgebauten Heeresversuchsstelle wurden bis 1945 Unmengen chemischer Kampfstoffe produziert, in Granaten und Bomben gefüllt und in Bunkern gelagert. Nach Kriegsende wurde ein Teil dieser Stoffe und Kampfmittel im Dethlinger Teich – einer stillgelegten Kieselgur-Grube – entsorgt. Bekanntermaßen hat die Sanierung dieses Geländes unter erheblichen Schutzmaßnahmen im vergangenen Jahr begonnen und wird noch einige Jahre andauern. Es gilt, die geschätzte Anzahl von 30.000 Kampfstoffgranaten zu bergen und unschädlich zu machen.

Nachdem Munster am 17.04.1945 als „Lazarettstadt“ fast kampflos an die britische Armee übergeben worden war, blieb der Ort bis 1993 britische Garnison. Hunderttausende ehemalige Wehrmachtssoldaten wurden über die Kasernen und Lager rund um Munster entlassen. Bis zur Umsetzung des sogenannten Barackenräumprogramms Anfang der 1960er Jahre gab es rund um die Stadt über 30 Lager, in denen auch Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten untergebracht waren. Im Rahmen dieses Programms wurde der notwendige Wohnraum geschaffen, um die Lager schließen und eine Vielzahl der Baracken abreißen zu können.

Mit der Wiederbewaffnung wurde Munster ab 1956 bis heute wichtiger Standort der Bundeswehr: das PzGrenLehrBtl 92, das PzLehrBtl 93 und die Panzertruppenschule waren die ersten hier aufgestellten Truppenteile und können somit bald ihr 70. Aufstellungsjubiläum feiern. Verbunden mit der Aufstellung dieser und weiterer Verbände in Munster war ein erneuter wirtschaftlicher Aufschwung: für die damals bereits 7.200 Einwohner entstanden die notwendigen Wohnungen, Geschäfte sowie Hotels, Cafés und Gasthäuser.

Im Jahr 1956 kam es zu einem Ereignis, das als „Besonderes Vorkommnis“ an den zuständigen Minister gemeldet wurde: 55 Soldaten gründeten am 14. Juli 1956 in Munster-Lager den Deutschen Bundeswehr-Verband. Der seinerzeit offizielle Ortsname „Munster-Lager“ war (und ist zum Teil auch heute noch) bundesweit geläufig und fand sich im Kursbuch der damaligen Deutschen Bundesbahn noch bis ins Jahr 1969.

Heute wird in den Verbänden und Dienststellen in der Bundeswehr-Garnison Munster unverändert hochprofessionelle Ausbildung betrieben, um deutsche und internationale Kräfte vorzubereiten auch für den weltweiten Einsatz. Mittlerweile ist es Routine, dass Soldaten, Soldatinnen und Zivilbedienstete aus Munster beteiligt sind an diesen Einsätzen und darüber hinaus bei internationaler Hilfeleistung und Amtshilfe bei Katastrophenlagen im Inland.

Seinen Vortrag über mittlerweile 131 Jahre Soldaten in Munster schloss A. Köthe mit einem mehr als treffenden Ausspruch des damaligen Kommandeurs des Ausbildungskommandos des Heeres, Generalmajor Spindler, aus dem Jahr 2016: „Munster und seine Soldaten gehören zusammen.“

 

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Als kleines „Dankeschön“ für die wirklich umfassende und plastische Darstellung von Munster als „Eine Stadt und „ihre“ Soldaten“ überreichte der 1. Vorsitzende des Fördervereins dem Vortragenden einen „guten Tropfen“ verbunden mit dem Wunsch, vielleicht demnächst einen weiteren interessanten Vortrag von Adolf Köthe im Dörfergemeinschaftshaus genießen zu können. Viele der Anwesenden nutzten noch die Gelegenheit zu Fragen an den „vortragenden Rat“ und zu interessanten Gesprächen über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Garnison Munster.

Bereits an dieser Stelle sei hingewiesen auf die Fortsetzung der Vortragsreihe im Dörfergemeinschaftshaus: Es ist geplant, dass Apotheker Dr. Alexander Zörner am 12. April 2024 vorträgt über aktuelle Engpässe in der Arzneimittelversorgung und das neu E-Rezept. Der Förderverein wird hierzu zeitgerecht mit Info-Flyern und per Newsletter informieren.